Point and Shriek: Wolfgang Kubicki

Am Samstagabend begegnete ich auf Twitter diesem Tweet von Don Alphonso:

Das erinnerte mich natürlich an Brüderle und #aufschrei – weißer, alter Mann von der FDP macht einer Journalistin gegenüber einen schlüpfrigen Spruch, gefolgt von einem Shitstorm. Ob der jetzt kommt, bleibt abzuwarten.

Ich musste dabei jedenfalls an die Beschreibung der typischen SJW-Angriffssequenz in dem Buch SJWs Always Lie von Vox Day denken. Ich suchte die Stelle heraus und zitierte in einem Tweet:

Stage Two: Point and Shriek

Once a violation of the Narrative has been identified, the next step is to summon other SJWs by pointing at the target and shrieking about how terrible, outrageous, and completely unacceptable he is.

Zeigen („Kubicki“), Kreischen („Ekelhaft“) und versuchen, andere SJWs zu versammeln („@fdp @nrecherche #nr18 #kubicki @Journalistinnen @ProQuote_llc“. Alles vorhanden.

Es ist verblüffend, wie eng diese Vorgänge immer wieder dem Schema folgen, das Vox Day im Jahr 2015 nach den Erfahrungen von #GamerGate (und anderen) beschrieben hat.

Doch es wird noch verblüffender und unheimlicher. Eine Stunde später las ich den Blogbeitrag von Hadmut Danisch über die Geschichte, der zufällig bei der Veranstaltung von Netzwerk Recherche anwesend war. Dessen Darstellung klingt so:

Kubicki war über das ganze Gespräch hinweg völlig seriös und Gentlemen, hat sich in keiner Weise auch nur irgendwie danebenbenommen. (…)

Er hat sogar ausführlich dargelegt, dass er verheiratet ist und großen Wert darauf legt, seine Frau in keiner Weise zu verärgern. (…)

Das Gespräch hatte tatsächlich so eine leicht schlüpfrige Note. Und die ging von ihr aus.

Sie nämlich hatte Kubicki dreckig grinsend darauf angesprochen, dass er in irgendeinem Interview vor acht Jahren mal gesagt habe, dass er nicht nach Berlin wolle, weil er da zum „Trinker und Hurenbock” werde. Nun sei er ja in Berlin, und deshalb wolle sie sich nach dem Stand der Dinge erkundigen. (…)

Ich habe das nicht weiter ernst genommen, nicht mal notiert, weil man unter normalen Leuten, die sich kennen und ein offenbar freundliches Verhältnis haben, durchaus so reden kann, wenn man Spaß daran hat. Ich hätte da nichts auszusetzen. Es ging aber eindeutig von ihr aus, sie kam mehrmals mit dem „Hurenbock”, dreckig grinsend, und wollte es wissen und hören.

Und sein „was haben Sie heute abend vor” war seine Anspielung darauf, er hat den Ball zurückgespielt.

Ein krasser Fall von selektivem Zitieren, umso mehr, wenn man bedenkt, dass so etwas Existenzen zerstört.

Vor diesem Hintergrund hätte ich die Stelle von Vox Day, die ich getwittert hatte, umfassender zitieren können. Die Parallele zu diesem Fall reicht nämlich noch viel weiter.

Stage Two: Point and Shriek

Once a violation of the Narrative has been identified, the next step is to summon other SJWs by pointing at the target and shrieking about how terrible, outrageous, and completely unacceptable he is. Again, the actual offense itself doesn’t matter and in fact will often be ignored in favor of various accusations of -isms and -phobias and other sins agains diversity that clearly indictate what an evil and irredeemable person the target is. Consider the attack on Sir Tim Hunt by Connie St. Louis after the black female lecturer in science journalism at London’s City University designated him a target following his address to female journalists at a lunch sponsored by the Women’s Science @ Technology Associations in Korea.

St. Louis hatte getwittert, der Medizin-Nobelpreisträger Hunt habe während eines Vortrags frauenfeindliche Bemerkungen fallen lassen. Ein Zitat machte die Runde: „Drei Dinge passieren, wenn [Frauen] im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich, und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen.“

Vox Day fährt fort:

She pointed. She shrieked. Her tweet was retweeted 653 times and favorited 211 times. (…) As Guy Adams described it for the Daily Mail, „By the time he touched down at Heathrow, his career and reputation, built up over 50 years, lay in tatters. The days that followed saw him unceremoniously hounded out of honorary positions at University College London (UCL), the Royal Society and the European Research Council (ERC).

Die über mehrere Jahrzehnte erfolgreiche Forscherkarriere eines völlig unbescholtenen alten Mannes lag in Trümmern aufgrund einer Lüge, einer böswillig verzerrten Darstellung der Ereignisse durch die Feministin Connie St. Louis, die auch schon in ihrem Lebenslauf gelogen hatte. Wochen später resümierte Cathy Young:

It turns out that, just as Hunt has claimed, the 72-year-old scientist’s comments during a luncheon at a science journalism conference in Korea in June were an awkward self-deprecating joke—greeted with laughter (not the reported “stony silence”) by a mostly female audience. The “Tim Hunt, misogynist scientist” narrative has been falling apart piece by piece over the past month; last week, it was finished off by a snippet of audio recorded by a female attendee and made public by The Times. Now, attention should turn to the real scandal: irresponsible journalism magnified by social media frenzy.

Doch der Alarm ist immer lauter als die Entwarnung, zumal viele mediennahe Personen auf genau diese Art von Alarm abzufahren scheinen. Wer Tim Hunt googelt, muss sich durch sehr viel Schmutz wühlen, bis er darauf stößt, dass nichts davon wirklich sein Schmutz ist. Wer macht das schon?

So stellt sich Katharina Kunert auf Twitter vor:

Noch am Samstag kam ihr Point and Shriek auf 105 Retweets.

Update Sonntag: Die Journalistin Julia Stein, die Kubicki interviewt hat, twitterte um 12:39 Uhr:

Es war ein sehr schöner Abend mit Wolfgang #Kubicki bei der #nr18🙂 Leider viel zu kurz! @jutta_ditfurth @nrecherche https://t.co/e6fP9rPxNt

— Julia Stein (@Jul_Stein) July 1, 2018 (Archiv)

Das ist natürlich gut und bestätigt tendenziell die Danischs Darstellung. Den Mob dürfte es aber im Zweifel nicht aufhalten. Dass eine Frau sich nicht als Opfer fühlt, bedeutet für Feministinnen ja noch lange nicht, dass sie keines ist. Außerdem kommt es darauf nicht an – bei Tim Hunt gab es überhaupt kein Opfer. Ebenso bei Matt Taylor.

Man behauptet einfach, derjenige befördere Stereotype, die kleine Mädchen davon abhalten, sich ambitionierte Ziele zu setzen, und schon ist die Attacke als Nothilfe legitimiert. Belegen muss man diese Kausalität natürlich nicht – weiß doch jedes Kind, dass es so ist!